Linde Burkhardt Texte

Amor Búcaro – Die Liebe zur wohlriechenden Erde

2017

Die Ausstellung AMOR BÚCARO – die Liebe zur „wohlriechenden Erde“ hat eine lange Entstehungszeit hinter sich. Eigentlich hat die Arbeit daran schon 1976 in Ansätzen begonnen. 2012 war sie abgeschlossen und wurde unter dem Namen PERCURSOS 2012 in Matosinhos/Porto und im selben Jahr in Lissabon gezeigt.

1976 lernte ich Alvaro Siza kennen. Er kam aus Portugal nach Berlin um an einer Entwurfswoche des Internationalen Design Zentrums teil zu nehmen. Er hat bei uns gewohnt, hat viel erzählt und berichtet aus Portugal und als vielseitig gebildeter und interessierter Mensch hat er mich auch mit portugiesischer Literatur vertraut gemacht. Ich kam aus dem Staunen nicht heraus.

Damals schenkte er uns das Buch ARQUITECTURA POPULAR EM PORTUGAL. Thema ist der architektonische Regionalismus in der portugiesischen Architektur. Aus allen Gegenden Portugals sind prächtige und ganz schlichte, städtische und ländliche Bauten zusammengetragen, die für die jeweilige Region typisch sind. Diese Bilder haben in mir ein bisher vollkommen unbekanntes, faszinierendes Portugal entstehen lassen.

Diese Bauten waren so kräftig, verschiedenartig und faszinierend schön, daß es mich geradezu betroffen machte. In diesem Buch sind mir auch ein oder zwei Fotos von weißgetünchten Räumen begegnet. Es waren wohl Teilansichten von aus Küchen. Zu sehen waren einfache Holzregale auf denen schwarze Teller, Schüsseln, Schälchen und Krüge standen.

Ein beeindruckend ästhetischer Anblick. Eine mir völlig fremde, wunderbare Welt tat sich auf. Seltsamerweise begann dann aber die leibhaftige Begegnung mit schwarzen Keramiken nicht zuerst in Portugal sondern im Victoria and Albert Museum in London und im Smithsonian in Washington und im Etruskischen Museum, Volterra. In den Museen entdeckte ich, ganz unerwartet, schwarze Keramiken, die durch ihre Schlichtheit und Funktionalität faszinierten. Unerlaubte, heimlich gemachte Fotos, vor Eile und Aufregung verwackelte Fotos hielten dieses Erlebnis zu meiner Erinnerung fest. Und dadurch belebte sich der Gedanke an die portugiesischen Keramiken sofort wieder, die ich nur von Fotos kannte. Die Begeisterung flammte erneut auf, wurde zu einer regelrechten Liebe.

Das ganz große Interesse an der schwarzen Keramik und der Gedanke zu diesem Thema zu arbeiten, haben sich dann erst durch die filternde Distanz der Zeit entfaltet. Über Jahre hat es sich entwickelt und Gestalt angenommen während ich an anderen Projekten gearbeitet und diese abgeschlossen habe.

Natürlich wollte ich die schwarze portugiesische Keramik vor Ort kennen lernen, aber diverse Reisen nach Portugal wurden erst nach 2002 möglich.Ich wollte mich auf die Suche nach Orten begeben an denen noch schwarze Keramik hergestellt wird um dort möglichst viel darüber zu erfahren.

Schwarze Keramik ist tatsächlich nur noch in kleinen Randbereichen zu finden. Das erstaunt, wenn man weiß, wie verbreitet sie in Portugal war und wie begehrt sogar als Exportware. Mit tatkräftiger Unterstützung von Álvaro Siza und Cecilia Cavaca haben wir 3 Gegenden im Norden Portugals ausgemacht, in welchen es noch Töpfer gibt, die Schwarzbrand praktizieren. Diese Töpfer rund um Chavez, bei Vila Real und in Tondéla-Molelhos habe ich besucht.

Sie waren nicht leicht zu finden, auch vor Ort wussten nur wenige Leute Bescheid, weil die Keramiker ausserhalb der Orte oder in winzigen Orten, gerne an Waldrändern oder in Tälern angesiedelt waren. Die Werkstätten waren einfach, klein, oft feucht, vollgestellt mit gebrannten und ungebrannten Keramiken. Die Töpferscheiben lagen extrem niedrig, nur wenige Zentimeter über dem Boden. Es waren für mich Begegnungen mit schwersten, archaisch anmutenden Arbeitsbedingungen.

In diesen nordöstlichen Gebirgsgegenden gibt es noch die Erdöfen, aber die Keramiker haben große Mühe vom Verkauf ihrer Produkte zu leben. Gelegentlich sieht man dort an der nahe bei einer Keramik-Werkstatt gelegenen, weiß getünchten Hauswand einige Keramiken zum Verkauf hängen und auch auf Märkten werden sie noch angeboten. In Gesprächen konnte ich erfahren: „Ja, bei meiner Großmutter gab es auf dem Kaminsims noch schwarze Keramiken und bestimmte Gerichte wurden bei ihr auch noch in dem schwarzen Geschirr gekocht.“ Aber leider ist dieses Geschirr im Alltag nicht mehr wirklich in Gebrauch. Die schwarze Keramik hat heute eine fast ausschliesslich dekorative Funktion bekommen. Das ist bedauerlich, weil unter diesem Aspekt viele der schwarzen Keramiken heute ihre bewunderungswürdige Einfachheit und Schlichtheit verloren haben und dafür vage barockisierende Formen, Verzierungen und Dekore bekommen.

Ich habe auch Museen besucht. Allerdings spielt dort die schwarze Keramik meist noch eine eher unbedeutende Rolle in den Sammlungen. Im Museum von Tondéla jedoch werden viele schwarzen Keramiken vorgestellt und gezeigt wie sie entstehen. Dort bekam ich zum ersten Mal den Eindruck, daß hier das Bewusstsein am Werk ist, daß diese Objekte etwas ganz Ausserordentliches, Kostbares sind. Das Museum zeigt in erster Linie Arbeiten von Töpfern, die heute rund um Tondéla arbeiten und intensiv nach neuen Gestaltungsmöglichkeiten für ihren Markt suchen. Daneben wird dort auch eine Reihe der traditionellen, strengen Keramiken ausgestellt. Sie sind einfach bezaubernd. In Publikationen und Büchern habe ich später dann die ganze Bandbreite der erfindungsreichen Formen schwarzer Keramik kennen gelernt.

Durch Reisen zu den Töpfern, Lektüre und vor allem viele Gespräche konnte ich viel über schwarze Keramik erfahren. Diese ist nicht für Portugal typisch, sie wurde vielmehr weltweit in sehr vielen frühen Kulturen hergestellt. Der Schwarzbrand ist eine uralte Technik, die von Afrikanern, Etruskern und südamerikanischen Völkern auf hohem Niveau seit Jahrtausenden betrieben wird. Überall wurden und werden zum Teil gleiche oder sehr ähnliche Techniken benutzt, um den Ton schwarz zu brennen. Jahrtausendelang wurden für den Brennvorgang Erdöfen im Freien verwendet. Von Hand geformte oder gedrehte, leicht angetrocknete Keramiken werden dabei in eine Erdgrube gestellt, die je nach Verfügbarkeit mit feuchten Gräsern, Stroh, Blättern, Reisig Holz oder in Bolivien auch Lama-Mist ausstaffiert ist. Der Erdofen wird verschlossen, die brennbaren Materialien durch eine kleine Öffnung entzündet. Reisig, Gräser, Stroh und Holz brennen nur kurz, beginnen dann zu qualmen und zu schwelen, wenn auch diese Öffnung verschlossen wurde. Im Innern ist der Sauerstoff rasch verbraucht und es entsteht bei dieser Atmosphärenreduktion stark russhaltiger Rauch. Die Brennzeiten variieren nach Art der Keramiken. Im Nordosten Portugals habe ich einen sehr großen Erdofen gesehen in welchem das Brenngut etwa eine Wochen lang verschlossen bleibt bis es gebrannt und langsam ausgekühlt ist und der Ofen geöffnet wird. In der Regel scheinen aber 3 Tage und Nächte für Brand und Auskühlen ausreichend zu sein. Der Ofen wird in dieser Zeit ständig überwacht.

Die Temperaturen für den Schwarzbrand liegen zwischen 700 und 900 Grad Celsius. Die schwarze oder besser grau-schwarze Farbe ist dann tief in den Ton eingedrungen. Die Keramiken sind also nicht nur oberflächlich gefärbt. Die rohen Formen werden aus verschiedenfarbigen Erden mit je spezifischen Eigenschaften hergestellt. Dauer des Brandes und Höhe der Temperatur sind abhängig von der Zusammensetzung der Erden.

Regional gibt es unterschiedliche Techniken, um die Oberflächen der Keramiken zu verfeinern und zu veredeln. Eine Methode, die zu unglaublich sanft glänzenden, tiefschwarz erscheinenden Oberflächen führt, ist das geduldige, tagelange Glätten der gebrannten Keramik mit verschiedenen Halbedelsteinen. Besonderer Wertschätzung erfreuen sich auch wegen dieser reizvollen Oberflächen die etruskischen Bucchero-keramiken. Meines Wissens ist unbekannt wie die Etrusker im 7. und 6. Jahrhundert v.Chr. die gebrannten Keramiken behandelt haben, aber es könnte leicht eine Politur mit Halbedelsteinen gewesen sein wie sie heute noch praktiziert wird. Bei Alessandra und Carlos, die später dann alle Keramiken dieser Ausstellung ausgeführt haben, gab es in der Werkstatt ein kleines, wohl verschlossenes Kästchen mit Halbedelsteinen mit denen sie gelegentlich kostbare Einzelstücke bearbeiten.

Die großartigen traditionellen schwarzen Keramiken, welche ich im Lauf der Zeit kennen lernte, haben mich geradezu eingeschüchtert. Der Mut hat mich zunächst verlassen diese Technik zu benutzen um Eigenes zu realisieren, was ursprünglich mein Ziel war. Ich habe diesen Gedanken also auf unbestimmte Zeit zurückgestellt und mich ganz dem Schatz der schwarzen traditionellen Keramik zugewandt. Denn, was auch immer ich an eigenen Objekten realisieren würde, war angeregt durch diese erstaunlichen Alltagsgegenstände. Also fasste ich den Entschluss diese in einer Ausstellung einem größeren Publikum zu zeigen.

Aus den vielen Typologien habe ich diejenigen ausgesucht, die vor 2-3 Generationen noch für den alltäglichen Gebrauch unverzichtbar waren: Krug, Schüssel, Teller, Reisschale, Ölkanne und diese um zwei Objekte ergänzt, die mir besonders lieb waren: den Honigtopf mit dem doppelten Rand der mit Wasser gefüllt wurde, um den gierigen Ameisen den Weg zum Honig zu versperren und das Stövchen mit einem besonderen Gefäß um Kastanien zu rösten.

Das Töpferpaar Alessandra und Carlos aus Tondéla-Molelhos kannte diese Keramiken von früher, aus Museen und von Abbildungen und haben sie in Originalgröße für mich nachgearbeitet. Die Oberflächen blieben unbearbeitet so wie sie aus dem Ofen kamen. So war es bei diesen Alltagsgegenständen üblich. Bei den Beiden, die an einem Waldrand ihre Werkstatt haben, gab es keinen Erdofen mehr. Carlos, der alle Vorgänge um den Schwarzbrand hervorragend kennt, hat einen elektrischen Ofen entworfen und ihn mit Hilfe eines Ofenbauers realisiert. Bei diesem Brand wird jetzt auf Gras, Reisig, Blätter verzichtet, stark harzhaltige Hölzer spielen die entscheidende Rolle, damit aus den sorgfältig vorbereiteten Erden in ursprünglich grau-grüner Färbung sich beim Brand die schwarzgraue Farbe bildet.In diesem leichter zu bedienenden Ofen werden die reizvollen Keramiken der beiden Keramiker, die von mir ausgewählten traditionellen Keramiken und später dann auch meine Objekte gebrannt.

Die beeindruckenden traditionellen Keramiken waren nun da und es entstanden Zeichnungen für verschiedene Arten von Sockeln auf denen man sie ausstellen kann. Sehr gute Handwerker aus Porto haben sie, unter der strengen Aufsicht von Álvaro Siza, aus Kastanienholz und Eisen gefertigt: lauter kleine Bühnen für die verschiedenen Keramiken. Diese theatralische Geste löst die Objekte aus ihrem ursprünglichen Kontext, dem alltäglichen Gebrauchszusammenhang. Das Besondere, das Kostbare dieser archaischen Formen und ihre erstaunliche Funktionalität wird sichtbar.

Konzept für meine keramische Objekte.

Die Entscheidung die traditionellen schwarze Keramiken in eine Ausstellung zu integrieren hat mich erleichtert und beflügelt. Jetzt konnte ich mit meinen Entwürfen beginnen.

Wichtig war mir der Gedanke diese Arbeit nicht nur über Material und Technik des Schwarzbrandes in Portugal zu verankern. Ich wollte versuchen dort Erlebtes, Gesehenes, Gelesenes und Imaginiertes als Ausgangspunkt für meine Objekte zu nehmen. Ich bin gereist, es gab viele Begegnungen, Beobachtungen und Bilder, die sich bei der Lektüre entfaltet haben. Ich habe sie notiert, mit mir herumgetragen, an ihnen weiter gedacht und endlich eine Auswahl an Themen getroffen.

Meine Aufgabe sah ich darin den vielfältigen Eindrücken durch Verknappung, Beschneidung des Allzuvielen eine klar lesbare Form zu geben. Allerdings umfassen diese Themen nur ein kleines, sehr persönliches Spektrum, sie sind fragmentarisch, wenn man den gesamten Kosmos Portugal betrachtet. Die Auswahl betont meine subjektive Betroffenheit. Nur bruchstückhaft kann aufscheinen was für Portugal wesentlich ist.

An dieser Stelle kann die Arbeit des Betrachters beginnen, der vielleicht von weiteren Bildern bestürmt wird oder sich auf die Suche nach weiteren Themen macht , sein eigenes Universum daraufhin abklopft was ihm im Zusammenhang mit Portugal wesentlich erscheint.

Beschreibung meiner 7 Keramiken

Turm der Wintervorräte

Auf dem Land begegnet man heute noch den schwarz gekleideten Frauen. Ich habe sie gesehen, wenn sie zum Beispiel mit dem Bus zum Krankenhaus in die Stadt fahren, manchmal begleitet von den sonntäglich auch schwarz gekleideten Männern mit schwarzem, hohem Hut und weissem Hemd.

Das Klima ist in vielen, vor allem den gebirgigen Gegenden Portugals, eher rau, die Winter sind lang. Vorräte für diese Zeit sind lebensnotwendig. Der karge Boden, den vor allem Frauen bewirtschaften, ist nicht leicht zu bearbeiten. Es gibt eine Kultur Vorräte anzulegen: sie zu sammeln, und so zu bearbeiten, daß sie im Winter die Familie ernähren können. Dieser TURM DER WINTERVORRÄTE bildet diese Kultur nicht ab, er weist auf sie hin.

Die Weberin

Aufgabe der Frauen war - ist es noch- den schmalen Verdienste der Männer durch Weberei und Stickerei aufzubessern. Handgewebt Stoffe und Stickereien entstanden vor allem in der kalten, nassen Jahreszeit. Diese Leinenstoffe und Stickereien werden in der portugiesischen Literatur immer wieder beschrieben, vor allem dort wo zum Beispiel die Heimkehr nach langer Abwesenheit mit einem festlichen Mahl gefeiert wird.

Diese Keramik mit ihrem Holzaufbau bildet keine Weberin ab, sie steht vielmehr für die große Kunstfertigkeit und den Fleiß der ländlichen Frauen.

Der kleine Turm

Schon 1249 war die muslimische Herrschaft über Portugal beendet. Diese, „Reconquista“ genannte Rückeroberung des Landes, hinterließ eine breite Schicht an Rittern, die nach der abgeschlossenen Rückeroberung dringend ein neues Betätigungsfeld suchten. Zunächst versuchten sie durch Plünderung und Raub ihren Lebensstandard aufrecht zu erhalten. Aber die sich abzeichnende Expansion Portugals, für welche sich Bürgertum und Monarchie verbündet hatten, nötigte die Ritter sozusagen vom Pferd aufs Schiff umzusteigen, wenn sie bei den erwarteten Eroberungszügen mit von der Partie sein wollten. Verschiedene interne Krisen führten zu erheblichen Versorgungsengpässen und der Expansionismus erschien deshalb für alle gesellschaftlichen Schichten als idealer Weg aus den anhaltenden Wirtschaftskrisen.

Um die Meere zu befahren und neues Land zu entdecken, mussten vielerlei überlieferte Schrecken und Ängste überwunden werden. Die Mythen berichteten von gewaltigen Seeungeheuern und Monstern; es drohte auch die Gefahr mit Mann und Maus ins Nichts am Ende der Welt abzustürzen; von gewaltiger, brennender Hitze oder vor langandauernder Windstille fürchtete man sich, weil sie die Rückkehr in die Heimat vereiteln konnten.

Trotz dieser psychologischen Bremsen kamen die portugiesischen Schiffe an der afrikanischen Küste rasch vorwärts und brachten die begehrtesten Schätze nach Portugal. Das waren Sklaven, Gold und Silber. Wenn die bekannten Eroberer wie Vasco da Gama, Bartolomeu Dias oder Jorge Álvares an fremdes Land gingen welches sie der portugiesischen Krone einverleiben wollten,errichteten sie Wappenpfeiler, sogenannte PADRAOES. Sie führten diese mit dem königlichen Wappen verzierten Steinsäulen auf den Schiffen mit sich. Am Tag der Eroberung oder der schlichten Inbesitznahme eines Landstrichs, wurde vom Steinmetzen das Tagesdatum in die Säule gemeißelt. Dann wurde der Pardrao, also der Wappenpfeiler, aufgestellt und mit diesem waren dann der Anspruch und die Rechte der portugiesischen Krone besiegelt. Der kleine Turm soll an diese Landnahmen erinnern.

Saudade, Liebesleid und die Federn der Vergeblichkeit

Die Saudade ist eine besondere Art von Melancholie, eine in sich widersprüchliche und vor allem portugiesische Melancholie, welcher der Fado zum Ausdruck verhilft. Im Fado wird zugleich der Trennungsschmerz und die Erinnerung an vergangene Freuden besungen. Alles ist gleichzeitig Gegenwart und Vergangenheit. In der Erinnerung ist die Zeit ewig, im Traum verankert. Die Saudade kennt den Tod nicht.

Pessoa sagt das auf seine Weise: „ Man stirbt nur, wenn man nicht genügend träumt.“

Fernando Pessoa, Luis Camoes, José Saramago und viele andere portugiesische Dichter haben Vierzeiler für Fadosänger und -sängerinnen geschrieben, die mit ihren Gesängen eben die Saudade ausdrücken. Allein Pessoa hat zwischen 1907 und bis wenige Monate vor seinem Tod 1935 mehr als 300 Vierzeiler für den „populären Geschmack“ des Fado geschrieben. Das klingt bei ihm so:
„portugiesische Lieder
sind wie Barken im Meer –
sie fahren von einer Seite zur andern
immer in Gefahr zu kentern“

„Das Leben besteht aus kurzen Fragmenten.–
Die Liebe ist ein Leben das man sich erträumt.
Ich schaue nach allen Seiten
Aber niemand kommt um mit mir zu sprechen.“

Die Hölle

In alter Überlieferung liegt die Hölle dort wo die Welt zu Ende ist. Als man von der Existenz von Amerika noch nichts ahnte, wurde das Ende der Welt in unbestimmter, westlicher Ferne vor Portugal vermutet. Der Eingang zur Hölle sollte weit draussen im Meer, in einem schwarzen Felsen liegen, wie es sie in den portugiesischen Gewässern gibt. Große Ängste vor dem gefährlichen Meer, dem angenommenen Ende der Welt und den dort vermuteten Teufeln waren der Schrecken der seefahrenden Eroberer und haben weit über das Mittelalter hinaus Menschen in Portugal gequält und geängstigt. Das riesige selbst für Fischer und Schiffer unbekannte Niemandsland erzeugte allgemein Gefühle von Unsicherheit und regte die Phantasie zu vielerlei Angstbildern an.

Heute liegt die Hölle in den Vorstellungen an ganz anderen Orten. Deshalb zeigt diese Hölle zwar den Eingang in einen schwarzen Felsen, aber sie wird von tanzenden Engeln bevölkert.

Die Zunge des Teufels

Der Spuk der bedrohlichen Teufel, so wie sie in Portugal wie bei uns auch bildhaft überliefert wurden, ist vorbei. Da Siege auch Trophäen brauchen: hier ist sie, die abgeschnitten Zunge des Teufels. Schaden wird sie nicht mehr anrichten.

Die Wolke

Wie schon berichtet, war die schwarze Keramik im 19.Jahrhundert ein begehrter Exportartikel aus Portugal nach Italien. Heute führt sie nur noch ein unverdientes Schattendasein. Diese großartige, formal und funktional ausgereifteTradition ist aber aber beileibe noch nicht erschöpft. Es wäre möglich diese Technik zu modernisieren und die kostbaren, schwarzen Keramiken wieder zu exportieren. In der Hochschule für Gestaltung in Porto haben sich Dozenten und Studenten daran gemacht nach neuen Wegen zu suchen um dieses Erbe auf eine neue Basis zustellen. Sie suchen nach Wegen schwarze Keramik seriell und industriell zu produzieren. Ich wünsche der schwarzen Keramik einen neuen, großartigen Aufschwung und auf der Wolke einen guten Flug in alle Welt.

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Amor búcaro- oder die Liebe zur wohlriechenden Erde: niemand weiss heute genau wie die Etrusker ihre schwarze Keramik nannten, heute nennen alle sie Bucchero.

Aber: ein Duft charakterisiert, zumindest dem Namen nach, seit dem 19.Jahrhundert die etruskischen schwarzen Keramiken aus dem 7. und 6. Jahrhundert v. Chr. mit dem Wort Bucchero. Dieses leitet sich interessanterweise ab aus dem portugiesischen búcaro, was „wohlriechende Erde“ bedeutet. Damit bezeichneten die portugiesischen Eroberer Südamerikas die dort vorgefundene, schwarz-graue Keramik.

„Erst seit dem Ende des 19.Jahrhunderts, als aus Portugal importiertes, schwarzes Geschirr in Italien beliebt wurde, wurde Bucchero zum Synonym für grau-schwarze Keramik und mit dieser Bedeutung auf die schwarze Keramik der Etrusker übertragen.“ Siehe dazu: Katalog „Bucchero -die Keramik der Etrusker“, 2001 Ruhruniversität Bochum.

Wohlgeruch von Erde - was für eine wunderbare Vorstellung. Ich bin mir allerdings nicht sicher, daß unsere Nasen so feine, delikate Gerüche heute noch so aufnehmen und unterscheiden können wie es den portugiesischen Eroberern vor vielen Jahrhunderten möglich war.

Später, im Töpferatelier von Alessandra und Carlos in Tondéla-Molhelos, habe ich versucht die schwarze Keramik zu riechen, aber in der Werkstatt duftete es berauschend nach Eukalyptus, die kleinen Früchte lagen auf einem blechernen Deckel auf dem Kanonenofen. Da hatte die wohlriechende Erde mit ihrem leisen Duft keine Chance. Aber wenn man nahe am Brennofen vor der Türe stand, konnte man die Harze der Hölzer riechen, die während des Brennens die Keramiken schwarz färben.